Ausgangssituation
Jefferson Farfán ist erfolgreicher Stürmer bei Schalke 04; durch seine Leistungen hat der Club die Champions League der Saison 2011/12 erreicht.
Sein Gehalt beträgt 2,7 Mio.€ pro Jahr; der Vertrag läuft im Sommer 2012 aus.
In der Winterpause 2011/12 beginnen Gespräche über einen neuen Vertrag.
Der Verein bietet eine deutliche Gehaltssteigerung (auf 6 Mio.€ p.a.) und eine Laufzeit von zwei Jahren.
Der Spieler fordert 6 Mio.€ p.a. plus 14 Mio.€ für die Vertragsunterschrift – und droht mit dem ablösefreien Weggang im Sommer 2012.
Problematik
Der Verein befindet sich in einer Zwickmühle. Er droht einen sehr leistungsstarken und beim Publikum beliebten Spieler zu verlieren ohne eine Ablösesumme zu bekommen ODER der Verein muss eine schmerzhaft mehr für den Verbleib des Spielers zahlen (aufgerufen sind unverhandelte 26 Mio. € für zwei Jahre!). Durch die dauerhaft wirklich starken Leistungen des Spielers wäre ein Verlust des Spielers nur schwer zu vermitteln, andererseits würden die geforderten Konditionen den Verein stark belasten und die Stabilität des gesamten Gehaltsgefüges der Profimannschaft gefährden.
Der Spieler verfügt über eine große Verhandlungsmacht, das BATNA des Vereins ist erkennbar schwach.
Lösung
Das kluge Verhalten des Vereins ist ein gutes Beispiel für: Was tun bei einem (wirklich und erkennbar) schwachen BATNA?
Die Verantwortlichen von Schalke 04 griffen zu einer geschickten Lösung. Nachdem ernst gemeinte und wohlwollende Verhandlungsgespräche durch die hohe Forderung von Spieler und Berater nicht zum gewünschten Erfolg führten, wurden Ende Januar 2012 weitere Gespräche zunächst ausgesetzt.
In der Zwischenzeit wurde ein anderer Spieler fest unter Vertrag genommen. Der auf der gleichen Position spielende und bisher schon von seinem bisherigen Verein 1899 Hoffenheim ausgeliehene Obasi. Für diese Verpflichtung wurden 5 Mio. € bezahlt.
An diese Verpflichtung schlossen sich erneute Verhandlungen mit Farfán an, die relativ schnell in den erfolgreichen Abschluss eines 4-Jahres-Vertrages mündeten.
Es ist leider nicht bekannt, zu welchen Konditionen (Gehalt, Signing Fee für Vertragsunterschrift) die Vertragsverlängerung erzielt wurde. Die Vermutung sei erlaubt, dass diese zu deutlich besseren Konditionen möglich war als vom Spieler ursprünglich gefordert. D.h. die aus mehrfacher Hinsicht sinnvolle Verpflichtung eines positionsgleichen Ersatzspielers hat ihre Kosten wohl bereits wieder eingespielt.
Dieses Beispiel möge den Wert einer glaubwürdigen Alternative zur dokumentierten Verbesserung eines schwachen BATNA verdeutlichen.
Glaubwürdige Alternativen zu besitzen und den Verhandlungspartner von ihrer Existenz zu überzeugen sind oft entscheidende Faktoren, um eine Verhandlung zu eigenen Gunsten zu beeinflussen.
Pingback: Wann ist genug genug? Zusagen finanzstarker Partei begrenzen | Der Verhandlungsberater